Lichtblumen – Sterne des Frühlings
Endlich wieder ein paar sonnige Tage! Das Thermometer klettert am 22. Februar im Wallis gar auf 20°C. Nichts wie raus also! Wir haben den Winter satt und der Corona-Blues sitzt uns in den Knochen. Keine Blue Notes heute: Nein, das liebliche Mauve der Lichtblume soll heute unsere Seele erheitern!
Unser heutiges Ziel ist das Gebiet Les Follatères am Rohneknie. Hier wollen wir nach der Lichtblume (Bulbocodium vernum L.), auch Frühlingslichtblume genannt, Ausschau halten. Botanisch weniger versierte Wanderer erfreuen sich am „Krokus“; aber mit diesem hat die Lichtblume wenig gemein. Die Lichtblume gehört viel mehr zu den Zeitlosengewächsen (Colchicaceae) und ist eine Verwandte der weit häufigeren Herbst-Zeitlose.
Vom Parking bei der Bushaltestelle Pont du Rhône in Branson aus, erklimmen wir den Hang auf einem Trampelpfad und erreichen alsbald den Eichenwald. Dass uns bei diesem Jubelwetter viele weitere Spaziergänger eskortieren, können wir niemandem verübeln.
Die ersten Lichtblumen im Wald von Les Follatères
Bald schon, entdecken wir die ersten mauvefarbenen Tupfer auf dem Laubboden des Eichenwalds. Da wächst sie also, die Lichtblume! Erst sehen wir nur wenige, dann immer mehr. Schliesslich kommen wir an Stellen vorbei, auf denen die Lichtblume fast bodenbedeckend gedeiht und es wird uns warm ums Herz.
Die Lichtblume lockt sowohl Mensch als auch Tier…
Aber nicht nur für uns; auch für die zahlreichen Insekten, sind die Frühlingslichtblumen eine Attraktion. Im Februar leuchten ihre Blüten fast konkurrenzlos aus dem winterbraunen Eichenlaub und locken alles an, was auf Nektar scharf ist. Wespen, Bienen und Fliegen tauchen betört in die verheissungsvollen Blüten hinein, ein erster Zitronenfalter streckt gierig den langen Rüssel aus und kann sich, wenn er wieder auffliegt, kaum entscheiden, welchen Blütenstern er als nächstes heimsuchen soll. Nur ein früh aus seiner Winterruhe erwachter Kleiner Fuchs, zeigt dem Blütenmeer die kalte Schulter (oder wie sagt man dem schon wieder bei Schmetterlingen?) – und saugt an einer feuchten Stelle am Wegrand Mineralien auf.
Wie das Wallis zur Lichtblume kam:
Lange Zeit wusste kaum jemand vom botanischen Schatz, der an wenigen Standorten im Wallis, alljährlich so zahlreich aus dem Boden schiesst. „Krokus“ dachten die, die überhaupt etwas dachten und gingen achtlos an den vermeintlich „normalen“, (aber nicht minder schönen) Blüten vorbei. Erst in den 90er Jahren, als eine botanische Zeitschrift das Dorf Eischoll zur Heimat der Lichtblume erkor, strömten die Botaniker mit Lupe und Botanik-Set, in Scharen ins Dorf und brachten wohl so manchen Einheimischen zum Staunen.
Seitdem pilgern im Frühjahr auch die Touristen nach Eischoll und ins Turtmanntal, um die Blumenrarität zu bestaunen – und die Turtmanntaler und Eischoller prahlen mit Stolz: „das isch iischi Blüema“. Schnell hat man den ökonomischen Wert dieses Zeitlosengewächses verstanden; so füllen sich durch ihre Popularität doch bereits im Frühjahr die Gasthäuser.
Verbreitung und Lebensansprüche der Lichtblume:
Bulbocodium vernum ist in Mittel- und Südeuropa (Pyrenäen und Alpen), in der Schweiz (Wallis) und im Grenzgebiet zwischen Ungarn, Rumänien und der Ukraine verbreitet. In den Ostalpen ist ihr Vorkommen auf einen einzigen Standort in Kärnten beschränkt.
Nur im Wallis und an ihren Standorten zwischen Ungarn, Rumänien und der Ukraine, sind grössere Populationen der Lichtblume anzutreffen.
In der Schweiz ist ihre Verbreitung auf das Wallis beschränkt.
Die Lichtblume ist eine Bewohnerin der inneralpinen Felsensteppe. Sie wächst als Geophyt auf sommertrockenen, im Frühjahr von Schmelzwasser durchnässten Wiesen und in lichten Wäldern.
Systematik:
Klasse: Bedecktsamer (Magnoliopsida) Monokotyledonen
Ordnung: Lilienartige (Liliales)
Familie: Zeitlosengewächse (Colchicaceae)
Gattung: Colchicum
Art: Bulbocodium vernum L.
Deutscher Name und Synonyme: Lichtblume, Frühlingslichtblume, Lichtmessblume
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