Das Valle Verzasca – Naturwunder im Tessin
Es war am vorletzten Tag unseres Urlaubs im Tessin, als wir uns kurzfristig dazu entschlossen, für einen Tag nach Lavertezzo zur Ponte dei Salti zu fahren. Die Gesteinsformationen an der Verzasca waren mir vom Hörensagen ein Begriff, also wollte ich sie, da wir schon in der Nähe waren, einmal mit meinen eigenen Augen sehen.
Vor Ort wurde mir schnell klar, dass die Zeit wieder mal viel zu knapp bemessen war, um dieses Wunderwerk der Natur fotografisch zu erfassen: Diese Gesteine übertrafen meine Erwartungen bei weitem. Obwohl ich als ehemaliger Strahler immer ein offenes Auge für Gesteine habe und schon so manches wunderbare Gneis-Gebilde mit grosser Aufmerksamkeit betrachtet habe, ist die Schönheit dieser Gesteinsbecken auch für mich einzigartig. Um die ganze Besonderheit dieser Ortho- und –Paragneise fotografisch ins beste Licht zu rücken, hätte ich mehrere Tage hier verbringen müssen und es wäre notwendig gewesen, sie zu verschiedenen Tageszeiten zu fotografieren.
So werde ich wohl kaum darum herum kommen, diesen Ort noch einmal zu besuchen. Schliesslich gibt es an der Verzasca nicht nur schöne Steine; auch Schlangen, Schmetterlinge und ein Pirol sind meiner Kamera immer gerade rechtzeitig entkommen.
Orthogneis und Paragneis
An der Verzasca finden sich sowohl Orthogneise als auch Paragneise nebeneinander. Orthogneise entstehen durch die metamorphe Umwandlung Feldspat- und – Quarzreicher magmatischer Gesteine wie etwa Granit. Oftmals sind Orthogneise aber auch Polymetamorph, das heisst, sie haben mehrere Umwandlungsprozesse durchgemacht und sind aus bereits vorhandenen Gneisen entstanden. Man erkennt die Orthogneise an ihrer hellen Farbe und ihrer homogeneren Struktur.
Paragneise wiederum entstehen durch die metamorphe Umwandlung von Sedimentgesteinen wie etwa Sandsteinen, Tonschiefern, oder Grauwacken. Sie weisen deshalb eine grössere Mineralienvielfalt als Orthogneise auf und sind im Valle Verzasca aufgrund ihres höheren Eisengehalts an ihrer rötlichen Farbe erkennbar.
Wie auch Orthogneise sind Paragneise harte, kristalline Gesteine die sich durch ihre charakteristische Lagentextur von hellen Quarz-Feldspatreichen Lagen und dunklen glimmerreichen Lagen auszeichnen. Das besondere an Paragneisen ist, dass in der Lagentextur die ursprüngliche Schichtung der Ausgangsgesteine erhalten sein kann.
Malerische Becken und kristallklares, grünes Wasser
Für unsere kurze Wanderung von Lavertezzo bis Brione benötigten wir ungewöhnlich viel Zeit. Immer wieder entdecken wir neue, interessante Felsen deren Strukturen uns beeindrucken. Ausserdem faszinieren die Becken mit vorwiegend hellem Orthogneis-Untergrund in denen das Wasser in schier undenkbaren türkisblauen bis smaragdgrünen Farbtönen schillert.
Gemälde der Natur
Die Texturen der Verzasca-Gneise haben oftmals die Anmutung von Gemälden. Als Naturfotograf hat man richtig Spass, wenn man in dieser ganzen Vielfalt nach Bildern sucht und die Rhythmischen Bewegungen dieser Gesteine, die manchmal die Wellen und die Gischt der Verzasca zu kommentieren scheinen, verfolgt. Das Spiegelbild in den Pfützen, die sich in den ausgewaschenen Becken des Gesteins ansammeln, gibt einen Blick in den blauen Himmel oder in die Baumkronen frei.
Die Steine des Valle Verzasca. Ich werde sie wieder besuchen.
Hallo Adrian,
herrlich diese Oberflächenstrukturen der Steine. Hier dürfte sich eine vom Gegenständlichen losgelöste Fotografie mit anbieten.
Diese Formen mit relativ naher Distanz aufgenommen und dann ggf. ins Monochrome gewandelt – aber auch gerne farblich – dürften sehr schöne abstrahierte Bilder werden.
Herzliche Grüße,
Martin
Hallo Martin
Aber sicher! Wär doch mal was für Dich? Eine Reise ins Tessin lohnt sich allemal!
Mit besten Grüssen
Adrian
Wie schön, dass du dir die Zeit für Detailaufnahmen genommen hast! Meine Wandertruppe war mir immer um Lichtjahre voraus, während ich aus dem Staunen über Farben und Formen im Verzasca-Tal gar nicht heraus kam. Ich freue mich sehr an deinen Fotos und möchte auch unbedingt wieder hin – man muss die schönen Stellen tatsächlich zu unterschiedlichen Tageszeiten anlaufen und VIEL Zeit mitbringen!
… auch ich war 2019 zum letzten Mal dort… Begleitet – das ist NICHT von Vorteil – man/frau muss Zeit haben dafür. Es gibt so viel zu entdecken und das im Tageslicht-Verlauf eines ganzen Tages. Mindestens! Ferner ist es kein Fehler, wenn man/frau sich an einem „zuverlässig kompletten Regentag“ zum Fotografieren Zeit (!) nimmt – die Prächtigkeit und Mächtigkeit der Farben- und Formenverläufe bei Regen ist einfach nicht nur sehenswert (Innerliche POLAROIDs im Kopf abspeichern!), sondern auch wert, sie qualifiziert zu fotographieren …. Ich bin schon 80, aber noch gut zu Fuß und kenne auch die örtliche Gastfreundschaft – von daher werde ich es erneut probieren, dort ein paar Tage zu verbringen.
Auch das fast benachbarte MAGGIA-TAL hat „Sehenwürdigkeiten im Gestein“, die sich erst bei Regen üppig darstellen… Herzlichst, Michael